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Nicolas_Meyer

Optimierung von Rechenzentren: Der Weg zum nachhaltigen Rechenzentrum

Selbst die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, so ein geflügeltes Wort, das auf den Philosophen Laotse zurückgeht. Sprich: Es reicht nicht, Ziele zu haben, man muss sie auch tatkräftig angehen. Den Rechenzentren steht eine solche Reise bevor: der Umstieg auf einen nachhaltigen, klimaneutralen RZ-Betrieb. Der Beitrag skizziert die wichtigsten Schritte, um dieses Ziel zu erreichen.

Erneuerbare Energie.pngDie Klimaerwärmung und als Folge eine immer striktere Regulierung der Energieeffizienz lassen Unternehmen heute klimaneutrales Wirtschaften anstreben. Hinzu kommen weitere Antriebskräfte, seien es  stark gestiegene Energiepreise, der Wunsch, umweltbewusste Konsumenten zu überzeugen oder auch das Ziel, für Nachwuchskräfte attraktiver zu werden. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein – das gilt also auch für deutsche Rechenzentren.

In Deutschland gibt es, wie das Borderstep Institut 2022 im Auftrag des Bitkom ermittelte, über 3.000 Rechenzentren  , hinzu kommen rund 50.000 kleinere IT-Installationen und RZs. Zwischen 2016 und 2021 wuchsen hiesige RZ-Kapazitäten nach IT-Anschlussleistung laut Borderstep um 30 Prozent auf über zwei Terawatt , was zwei Milliarden kW entspricht; die Forscher gehen von weiterem starken Wachstum aus, vor allem im Colocation-Segment. Das Potenzial für Energie- und CO2-Einsparungen ist somit erheblich.

Optimierung eines bestehenden Rechenzentrums

Den ersten Schritt zum klimaneutralen RZ bildet die Bestandsaufnahme, zunächst mit Blick auf die Stromversorgung. Denn im Lebenszyklus eines Servers fallen rund zehn Prozent des CO2-Ausstoßes bei der Herstellung an, rund 90 Prozent hingegen beim aktuellen deutschen Strommix im Betrieb. Ein vorrangiger Hebel für klimafreundlichere RZs besteht also in der Nutzung erneuerbarer Energie, sei es aus eigener Herstellung (Photovoltaik etc.) oder durch Bezug von Ökostrom, idealerweise durch Direktbezug vom Anbieter (CPPA).  

Wege zum nachhaltigen RZ-Betrieb.png

Die Wege zum nachhaltigen RZ-Betrieb im Überblick. Bild: Nicolas Meyer

Die Bestandsaufnahme sollte sich zudem auf die Kühlung konzentrieren. Denn in deutschen Rechenzentren dient nur rund 60 Prozent des Stroms dem eigentlichen IT-Betrieb, den Rest frisst die Kühlung. Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness, das Verhältnis von Gesamt- zum IT-Energieverbrauch) deutscher RZs sank laut der Borderstep-Studie zwischen 2010 und 2020 von 1,98 auf 1,63. Im Jahr 2010 wandten RZ-Betreiber also noch praktisch ebenso viel Energie für die Kühlung auf wie für den IT-Betrieb. 2020 brauchte man nur noch 163 Watt für 100 Watt Serverleistung – ein Fortschritt, aber längst noch kein guter Wert.

Zum Vergleich: Im geplanten Energieeffizienzgesetz sieht die Bundesregierung vor, dass RZ-Neubauten, die ab 1. Juli 2026 in Betrieb gehen, einen PUE-Wert von maximal 1,3 erzielen müssen (davor greift eine Übergangsregelung). Das ist kein Hexenwerk: Manche Rechenzentren erreichen heute bereits PUE-Werte von 1,2 oder darunter.

Die RZ-Kühlung lässt sich auf vielerlei Weise verbessern. Ein wichtiger Hebel ist es, das RZ nicht mehr wie früher üblich auf 18°C zu kühlen. Der erwähnte Gesetzesentwurf zum Beispiel sieht vor, dass RZ-Neubauten ab 2024 auf Luftkühlung mit einer Mindesteintrittstemperatur von 27°C ausgelegt sein müssen – modernes IT-Equipment kommt damit problemlos klar.  . Hinzu gesellen sich technische Maßnahmen wie Warmgang-/Kaltgang-Einhausungen oder auch Flüssigkeitskühlung.

Energieeffizienter Serverbetrieb

Rechenzentrum.jpgDie beste Kühlung ist es, Hitze gar nicht erst entstehen zu lassen. Gefordert ist hier der intelligente Betrieb energieeffizienter Server, Storage- und Netzwerkgeräte. Hier stellt sich zunächst die Frage der Auslastung. RZ-Evaluierungen ergaben schon oft, dass es einen üppigen Bestand an ungenutzten Servern gibt, weil es nie jemand wagte oder für nötig befand, sie abzuschalten – sogenannte „Zombie-Server“.  Eine solche Evaluierung kostet natürlich Zeit und Geld – aber jeder entdeckte Zombie ist ein Server weniger, der im Wortsinn Geld verheizt.

Ein Server muss kein Zombie sein, um Energie zu verschwenden. Servervirtualisierung ist zwar längst Alltag, doch sollten Unternehmen kontinuierlich ermitteln, wie sie diese weitertreiben können. Denn eine höhere Auslastung weniger Server kostet weniger Strom als der Applikationsbetrieb auf vielen physischen Maschinen, die meist unterfordert sind. Weitere Ansatzpunkte sind die Containerisierung von Applikationen und ein intelligentes Power-Management, sodass Server nur laufen, wenn man sie wirklich benötigt.

Die Server sollten auf Energieeffizienz ausgelegt sein, und der Hersteller sollte dies mit Spitzenwerten beim SPECpower_ssj-Benchmark belegen können. Das Uptime Institute untersuchte Anfang 2020 in einem EU-Projekt 300 Rechenzentren: IT-Equipment, das älter als fünf Jahre war, machte bei dieser Stichprobe 40 Prozent der genutzten Server aus – und verbrauchte 66 Prozent der Energie, erbrachte aber nur sieben Prozent der Rechenleistung. Erneuerungszyklen von zwei bis vier Jahren sind deshalb im RZ heute branchenüblich. Was das ideale Modernisierungsintervall ist, kann nur die individuelle Bewertung zeigen. RZ-Betreiber sollten sich dazu an den Hersteller oder IT-Partner ihres Vertrauens wenden.

Energieoptimierte Datenhaltung

Letztlich dreht sich im RZ alles um die Daten. Auf der Reise zum nachhaltigen RZ kommt ein Unternehmen deshalb irgendwann an eine Weggabelung, an der es entscheiden muss, wie es seine Datenhaltung optimieren kann – und dies hinsichtlich unternehmensweiter Auswertbarkeit wie auch Energieeffizienz, beides sollte Hand in Hand gehen. Denn in Zeiten zunehmend daten- und informationsgetriebenen Wirtschaftens müssen Unternehmen Daten unternehmensweit analysieren können – die klassische Datenhaltung in applikations- oder bereichsspezifischen Datensilos ist nicht mehr zeitgemäß.

Gefragt sind vielmehr Datenarchitekturen, die es einem Unternehmen erlauben, seine Daten zu einem übergreifenden logischen Datenbestand (Data Lake) zusammenzuführen – aber möglichst, ohne die Daten x-mal transferieren und replizieren zu müssen. Denn dies wäre aufwendig, fehleranfällig, teuer und energieintensiv. Eine datenzentrische IT-Architektur sollte Speicherung, Backup, Archivierung und Analyse optimieren,    Zu den weiteren stromsparenden Maßnahmen zählen bewährte Verfahren wie die Deduplizierung von Daten. Wichtig ist hier vor allem aber das Vermeiden von Überprovisionierung. Am besten lässt sich dies durch Bereitstellung von Hardwareressourcen „as a Service“ realisieren,  wie es HPE mit seinem GreenLake-Portfolio anbietet.

Governance und Unternehmenskultur

Der Weg zum klimaneutralen RZ ist aber nicht auf die Optimierung der Technik begrenzt. Ebenso wichtig ist das Thema Governance: Klimaneutralität ist nur möglich, wenn das Ziel Teil der Unternehmenskultur ist, das Unternehmen also auch seine Belegschaft dafür begeistern kann. Ein kleines Beispiel: Neben Home-Office-Tagen oder Remote-Work-Optionen könnte ein Unternehmen E-Bike-Leasing für seine Belegschaft anbieten, um die Zahl der PKW-Pendelkilometer deutlich zu reduzieren.  

Trotz aller Einsparungen wird sich ein Unternehmen nicht völlig CO2-frei betreiben lassen – dafür sorgt im RZ-Bereich schon der RZ-Bau mit der Bindung „grauer“ Energie. Deshalb gilt es, auch die Internalisierung externer Effekte zu berücksichtigen, also einen Preis für die Belastung des Klimas als Kosten einzukalkulieren. In einem geregelten Markt erfolgt dies auf Basis der Verpflichtung, CO2-Erlaubnisscheine (Zertifikate) gegen Entgelt zu beziehen. Bisher ist dies allerdings ein weitgehend ungeregelter Markt – und die Zertifikate stehen im Ruf, in vielen Fällen wenig wirkungsvoll und somit „moderner Ablasshandel“ zu sein.

Die Cloud bietet keine Abkürzung

Hier liegt der Gedanke nahe, die Herausforderungen des klimaneutralen IT-Betriebs einfach an einen Public-Cloud-Provider auszulagern. Doch die Cloud öffnet kein Hintertürchen zu einer Abkürzung in Richtung Klimaneutralität: Unternehmen sind für die Klimabilanz ihrer gesamten Lieferkette verantwortlich. Bei der Cloud-Nutzung müssen sie sich auf die Angaben der Cloud-Provider zur Klimafreundlichkeit ihrer Rechenzentren verlassen. 

Echte transparente Kontrolle über die Klimabilanz des IT-Betriebs hat ein Unternehmen nur bei seiner eigenen IT. Eine Alternative zur Public Cloud bietet sich den Unternehmen, indem sie für das eigene RZ und Edge-Umgebungen IT-Equipment dynamisch skalierend „as a Service“ beziehen, aber eben vor Ort – seien es Server, Switches oder Storage-Systeme. Dies eröffnet den Weg zu mehr Dynamik im lokalen IT-Betrieb und kann damit nach HPE-Berechnung helfen, den Energiebedarf um ein Drittel zu senken. Die Zukunft des nachhaltigen IT-Betriebs liegt damit im „As a Service“-Bezug von IT-Equipment. Ein weiterer Hebel liegt in der Optimierung der Software mit Blick auf Energieersparnis – was das RZ-Betriebsteam aber leider nicht beeinflussen kann.

Ausblick: CO2-Vermeidung, Kompensation, Abwärmenutzung

Derzeit sollte ein Unternehmen beim RZ-Betrieb vor allem daran arbeiten, den Treibhausgasausstoß zu minimieren. Mittelfristig werden auch Technologien für die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Removal) hinzukommen. Ein weiterer enorm wichtiger Schritt zum klimaneutralen RZ schließlich wird darin bestehen, die RZ-Abwärme als Fernwärme zu nutzen. Die Herausforderung: RZs stehen meist in Industriegebieten, während Fernwärmenetze meist in Wohngebieten verlegt sind. Hier müssen also RZ-Betreiber, Städteplaner und die örtlichen Energieversorger künftig neue Pfade einschlagen.

Schon der spanische Lyriker Antonio Machado wusste: Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen. Lassen Sie uns also diskutieren, wie wir den Weg zum klimaneutralen RZ gemeinsam beschreiten und gestalten können! Sie erreichen uns per E-Mail Florian Kampes und Nicolas Meyer.

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Über den Autor

Nicolas_Meyer

Data Services Category Manager and Sustainability Champion